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Schon wieder der Auspuff!?

24.07.2004

Gestern auf dem Heimweg war das Knatterschwein ab Reinickendorf schon etwas schwach auf der Brust; es wollte nicht mehr so richtig, das Gas hing nur am Anschlag und ich wurde dennoch zusehends zum Verkehrshindernis. Das wie üblich beherzte Kommenlassen der Kupplung brachte nicht den gewohnten Schub, sondern liess den Motor kläglich winseln. Ewiglich dauerte es, bis das Schwein mal auf Touren kam, und dann war da meistens schon die nächste Ampel oder ein Einparker - und wieder das langwierige Beschleunigen, alles von vorn.

Fürchterbar. Ab Ostbahnhof bin ich ganz rechts gefahren, um die Überholenden nicht zu behindern - ich blockiere die Spur sonst grundsätzlich, um mehr Raum um mich zu haben - und ab der Warschauer hielt ich mich auf dem Radweg. Ich selbst mag solche untermotorisierten Gefährte nicht, denn sie sind im Stadtverkehr von 50...60 km/h ein übles Hindernis, halten alles auf und betätigen sich als Wellenbrecher gegen die grüne Welle; das nervt und nervt noch mehr, es selbst zu verursachen.

Auf dem Radweg braucht man ausserdem nicht anhalten. Aber schlussendlich musste ich über die Stralauer Allee, stand dann doch und kam nicht mehr los. HMPF. Es ist jedes Mal sehr erniedrigend, das Schwein von der Strasse zu schieben.

Was konnte geschehen sein? Es fühlte sich genauso an wie ein zugeschlotzter Auspuff, aber den hatten wir doch neulich erst saubergemacht! Indes hielt ich die Hand vor die Mündung der Tröte und verspürte nicht die sonst üblichen Drückwellen; dabei im Leerlauf tuckerte das Schwein noch still vor sich hin - leiser zwar, aber weit entfernt davon, auszugehen.

Leiser! Das war das Stichwort. Laufschwäche und Druckverlust können alle möglichen Ursachen haben - aber wo Benzin explodiert, da macht es Remplemm: Und das kann nur mehr hinter dem Zylinder, sprich im Auspuff aufgehalten werden. Zum Glück musste ich das Schwein nur mehr hundert Meter schieben und war zu Hause - hundert Meter von 25 km Heimweg; ich freute mich sehr.

Und siehe, was die Öffnung des widerlich heissen Rohrs erbrachte: Tatsächlich sass ein einzelner Dreckklumpen genau auf der Öffnung der sich nach innen wölbenden Mündung und verstopfte diese. Ich hätte lediglich mit einem Schraubenzieher einmal hinten reinstochern brauchen, und es wäre wieder 1A gelaufen. Aber so hab ichs nochmal *gründlich* ausgebrannt und porentief rein gekratzt.

Während ich am Kokeln war, frug mich einer der Trinker aus dem Fenster, was denn schon wieder sei, und begann eine längliche Konversation - aus dem vierten Obergeschoss in den engen Hof hinunter. Ich hielt mich bedeckt.

Bald kam er hinunter und setzte sich auf einen Stuhl, der dem Hausrat des anderen Trinkers entstammt und dort seit Wochen steht; machte sich ein Bier auf und schaute mir beim Zusammenbauen zu. Er hatte aber seine schwarze Katze dabei, die sehr nett aussah und am Schwein gerochen hat. Idyllisch.

Bald kam auch der andere Trinker von der Arbeit und die beiden berieten, dass sie eine Terrasse auf dem Hof anlegen wollten - der Vermieter sei ja jetzt pleite und sie könnten von daher machen, was sie wollten. Ich freu mich drauf; die olle Matratze liegt immer noch zwischen den Mülltonnen und ist schon ganz schwarz.

Zwischendurch kam auch noch der andere Nachbar mit dem Spitzbart angelaufen und trug mir auf, doch besser eine Benzin-Lötlampe zu benutzen (ich setzte den guten Rothenberger-Gasbrenner ein) - die sei heisser; richtig bullern müsse das. Meinen Einwand, dass ich keine hätte und es mit dem Gasteil auch ginge, wischte er hinweg. Aber er konnte es nicht wissen - als alter Ossi kannte er nur die höllische Kraft der Benzin-Lötlampen, denn für Gasbrenner gabs im Osten keine Kartuschen.

Während der Rauch des verglühenden Auspuffdrecks im engen Hof gen Himmel stieg, schlossen sich viele der zuvor noch offenen Fenster, und ich hatte auch recht penetrant an dem Blechteil herumgeklopft. So ging ich nach getaner Arbeit ("Knatterschwein knattert wieder!") immerhin extra nochmal hinunter und fegte den Haufen schwarzer Krümel zusammen, den ich aufgetürmt hatte. Der Trinker sass noch da und kommentierte: "Ja, ümma orntlisch! Macht ja heute keena mehr!"

- Ich hoffe nur, dass die zugequalmten Nachbarn das auch so sehen; bisher hat sich aber noch keiner beschwert.

(Dazu haben sie auch keinen Grund - solange ich mein Schwein stets erst auf der Strasse anknattere und ausser mir noch ein Schweinehirt im Haus wohnt - der seins jeden Tag im Hof umhertrompeten lässt.)