PNOX.DE - Texte PNOX.DE - Texte  

Ja, mir san mi'm Radl da!

16.09.2004

Am Knatterschwein habe ich am Montag den Steuersatz wechseln wollen und dabei festellen müssen, dass ein feiner Haarriss sich an der Schweissnaht zwischen Rahmen und dem Rohr vom Steuerkopf entlangzieht. Der Mechaniker wusste auch gleich jemanden, der das schweissen würde, aber der hatte dann am Dienstag doch keine Zeit und jetzt muss ich mal irgendeine Karosseriebude auftun, die sich damit befasst. Kein wirkliches Problem; den Riss mit der Millimeterscheibe einmal ausfräsen, Farbe ab und dann wieder zugeschweisst das ganze.

Dies nur als Begründung, warum ich gestern und heute mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr. Ich war von verschiedenen Seiten gewarnt worden, dass 25 km kein Pappenstiel seien, und genau so verhält es sich auch. Die ersten paar Kilometer auf dem Radweg der Stralauer liessen mich ja wenigstens noch glauben, als Radfahrer sei ich von Schlafmützen und Sonntagsfahrern nicht so betroffen; aber diese gibt es in allen Klassen und auf einem 50 cm breiten Radweg stören sie ungleich mehr.

Die schleichen da mit Schrittempo rum, vorn die Kette auf dem kleinsten Kranz - und ich Idiot hab mir beim Mopedfahren angewöhnt, rote Ampeln zu beachten (Nummernschild!) - und wenn ich da also jetzt auch mit dem Fahrrad anhalte, dann kommen diese Sonntagsfahrer von hinten angeschlichen und stellen sich genau vor mich. Einen solchen Knalldeppen habe ich gestern auf dem Heimweg bestimmt viermal überholt, bis ich dazu übergegangen bin, das runde rote Licht als ein Signal für Strassenbenutzer zu interpretieren. Unglaublich; es sind wirklich nur Bekloppte unterwegs.

Dann sind mir noch so ein paar Punkte aufgefallen:

(1) Der Senat schert sich einen Scheissdreck um Radfahrer. Jedenfalls gelangt man zu diesem Schluss, wenn man die Qualität der Fahrbahndecke von Radwegen und Strassen vergleicht.

(2) Bauarbeiter, Müllmänner, Bäcker und Schulkinder sind die natürlichen Feinde des Tretbären und seines Bewegers - denn nahezu ihr gesamtes gesellschaftliches Leben spielt sich auf Radwegen ab. Sie entladen dort ihre Fahrzeuge, trinken Kaffee, rauchen Zigaretten, halten einen Plausch bzw kommen nicht mit ihren Schulmappen klar. Und sie reagieren genervt bis unhöflich, wenn man sie im Vorbeifahren beleidigt. (Nennen Sie mal einen vierschrötigen Bauarbeiter "Ihr Nutten!", wenn er glücklich auf dem Radweg seinen Kaffee schlürft. Dann sehen Sie erstemal, wie schnell sich ein Gesichtsausdruck ändern kann!)

(3) Der Steuersatz am Fahrrad ist mindestens so durch wie der am Knatterschwein. Zehntausend Kilometer scheinen da eine natürliche Grenze zu bilden. Dieser gute Tretbär hat mich immerhin seit der 11. Klasse treu getragen, sieht immer noch zeitlos schön aus (kein Licht, kein Tacho, kein Schutzblech, keine Federung - nothing but pure bicycle!) und lediglich der vordere Kettenwerfer ist nicht mehr das, was er mal war; aber den braucht man in der Stadt eh nicht.

(4) Ich bin ruhiger geworden. Wenn ich mir früher vornahm: Die letzten Kilometer fährst du mal nicht ganz so wild, auf dass du am Ziel nicht völlig durch den Wind seiest - hatte das nie geklappt, vermutlich aufgrund irgendeiner Endspurt-Mentalität. Vielleicht ist es der Arbeitsalltag, der mir die ausgetrieben hat; jedenfalls gestern ab der Warschauer bis nach Hause gelang es mir, wie ein Sonntagsfahrer zu fahren und wieder zu Puste zu kommen. Vielleicht war ich auch einfach nur zu fertig, um weiter so schnell zu fahren.

(5) Man frisst viel mehr, wenn man mal ein bisschen was tut. Nicht dass ich mich sonst zurückhielte, aber es ist jetzt viertel elf und ich kann es kaum noch erwarten, nachher 750g Makkaroni-Auflauf auszutilgen.